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Delegation braucht Grenzen

Stellungnahme des BsAfB (erschienen in d. BsAfB-News, Zeitschrift Ergomed - Praktische Arbeitsmedizin 10/2014):

Delegation braucht Grenzen

Das Thema „Delegation ärztlicher Leistungen“ hat, angetrieben durch den drohenden bzw. mancherorts schon jetzt gegenwärtigen Betriebsärztemangel, inzwischen auch die Arbeitsmedizin erreicht. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass auch die selbstständig tätigen Betriebsärzte bei diesem Thema Gehör finden.

Es ist bereits jetzt – auch in anderen Fachgebieten - vielerorts gelebte Praxis, dass technische Untersuchungsteile nicht immer durch den Arzt höchstpersönlich, sondern unter dessen Anleitung und Aufsicht von Assistenzpersonal durchgeführt werden. Wichtig ist aus unserer Sicht jedoch, dass die Indikationsstellung für solche Untersuchungsteile vorab durch den Arzt erfolgt, genauso wie auch die anschließende Beurteilung und Beratung. Mancherorts erkennbaren Tendenzen, bei denen das Assistenzpersonal im Betrieb de facto selbstständig agiert und ein Arzt fernab vom Betrieb dieses Handeln im Nachhinein lediglich per Unterschrift legitimiert, erteilt der BsAfB eine klare Absage. Eine solche Vorgehensweise wird weder dem Geist der ArbMedVV noch dem ärztlichen Berufsethos gerecht.

In jüngster Zeit taucht verstärkt die Frage auf, inwieweit neben der klassischen Untersuchungsmedizin auch Teile der übrigen betriebsärztlichen Aufgaben delegierbar sind. Ein Blick in das Arbeitssicherheitsgesetz zeigt, dass es sich bei diesen übrigen betriebsärztlichen Aufgaben (Beurteilung der Arbeitsbedingungen, Bearbeitung arbeitsphysiologischer,  –psychologischer und –ergonomischer Fragestellungen, Mitwirkung beim Eingliederungsmanagement usw.) um einen wesentlichen Bestandteil der betriebsärztlichen Tätigkeit, wenn nicht sogar um die Hauptaufgabe eines Betriebsarztes handeln sollte. Aufgrund der Altersstruktur der Betriebsärzte und fehlendem arbeitsmedizinischem Nachwuchs, wird man die Delegationsdebatte deshalb auch für diesen erweiterten Aufgabenbereich der Betriebsärzte führen müssen. Hierbei bedarf es nach Ansicht des BsAfB ganz klarer Grenzen, gerade im Hinblick auf die Differenzierung zwischen der Delegation und der Substitution ärztlicher Leistungen. Es kann nicht Ziel unseres Fachgebietes sein sich selbst abzuschaffen.

 

In der Arbeitsmedizin ist die Ausgangslage nicht unbedingt mit derjenigen anderer Fachdisziplinen, z.B. der von selbstständiger Tätigkeit dominierten Allgemeinmedizin,  vergleichbar, da in unserem Fach viele überbetriebliche und überregional tätige Dienstleister agieren, welche in Ihrer Struktur nicht mit einer „Arztpraxis“ vergleichbar sind und oftmals  nicht einmal ärztlich geführt werden. Der BsAfB sieht hier die große Gefahr, dass unter dem Deckmantel der Bezeichnung „Delegation“ de facto Großteile der betriebsärztlichen Tätigkeit substituiert werden könnten. Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist zeigt sich schon daran, dass es bereits jetzt Dienstleister am Markt gibt, welche (Honorar)ärzte nur noch für die klassische „Stethoskopmedizin“ einsetzen. Delegation setzt deshalb in unseren Augen sowohl die ärztliche Führung der jeweiligen Praxis bzw. Organisation als auch immer die ärztliche Aufsicht sowie den direkten Dialog zwischen ärztlichem und nicht ärztlichem Personal voraus. Diese Qualitätsansprüche müssen praktisch nachvollziehbar sein und dürfen nicht nur auf dem Papier bestehen. Gewisse Mindeststandards, wie z.B. die Festsetzung einer mindestens erforderlichen Arztquote im Personalstamm arbeitsmedizinischer Dienstleister sollten definiert und auch  Qualitätskriterium bestehender betriebsärztlicher Zertifizierungssysteme werden. Die Akzeptanz der Betriebsärzte bei den Beschäftigten ist eng verbunden mit der betriebsärztlichen Präsenz in den Betrieben. Delegation darf deshalb nicht dazu führen, dass Betriebsärzte in den Betrieben zur Ausnahme werden und die Frage, die wahrscheinlich jeder betriebsärztliche  Kollege im Betrieb schon einmal gehört hat -  „Sind Sie eigentlich richtiger Arzt ?“  - in den Betrieben dann immer häufiger von nichtärztlichem Personal mit einem „Nein“ beantwortet werden muss.

Als Berufsverband der selbständig tätigen Betriebs- und Arbeitsmediziner warnen wir ausdrücklich davor, in der Delegation ärztlicher Leistungen das Allheilmittel für bestehende und zukünftige Versorgungsengpässe zu sehen. Das wesentliche Problem in unserem Fachgebiet ist der fehlende Nachwuchs, was eine nachhaltige Attraktivitätssteigerung unseres Fachgebietes und eine Verbesserung der Weiterbildungsmöglichkeiten erforderlich macht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen. Der BsAfB ist an Ihrer Meinung zum o.g.  Thema  interessiert. Auf unserer Website www.bsafb.de finden Sie Informationen, wie Sie sich aktiv an der Debatte beteiligen können.

 

Vorstand d. BsAfB

 

 

Pressemeldung:

Eignungsuntersuchung für beruflichen Auslandsaufenthalt

Bad Essen, im Februar 2014 - Der BsAfB empfiehlt, bei betrieblicher Notwendigkeit zusätzlich zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge bei beruflichem Auslandsaufenthalt eine Eignungsuntersuchung durchzuführen.

Die Verordnung über die arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbMedVV) schreibt eine Pflichtvorsorge bei geplantem beruflichen Auslandsaufenthalt in Ländern mit besonderen klimatischen Belastungen und Infektionsgefährdungen vor. Die Arbeitgeberpflicht zur Veranlassung dieser arbeitsmedizinischen Vorsorge(untersuchung) ist leider noch nicht allgemein bekannt, besonders wenn es um Kurzzeitaufenthalte geht. Seit der Neufassung der ArbMedVV, die am 31.10.2013 in Kraft getreten ist, wird nur noch die Teilnahme an der arbeitsmedizinischen Vorsorge bescheinigt.

Sollte der Betriebsarzt gesundheitliche Bedenken haben, darf er dies dem Arbeitgeber nicht mitteilen, wenn der Mitarbeiter nicht damit einverstanden ist. Für viele Arbeitgeber ist die Formulierung „teilgenommen“ zu vage. Sie können sich nicht sicher sein, ob der Auslandsreisende nicht doch gesundheitlich gefährdet ist. Aufgrund der Fürsorgepflicht und um den Erfolg der Mission nicht zu gefährden, möchte der Arbeitgeber häufig sichergehen, dass der Reisende die besonderen klimatischen Belastungen und Infektionsgefährdungen ohne Gesundheitsschaden bewältigen kann.

International agierende Unternehmen wollen sichergehen, dass der entsendete Mitarbeiter seinen Aufgaben im Ausland nachkommen kann. Für den Mitarbeiter oder den Betrieb wäre es sehr zum Nachteil, wenn z. B. bei einer bekannten koronaren Herzkrankheit ein kardiovaskuläres Ereignis im Ausland auftreten würde. Selbst wenn der Mitarbeiter das empfohlene Belastungs-EKG ablehnt, darf dies laut ArbMedVV dem Arbeitgeber nicht ohne Einwilligung des Mitarbeiters mitgeteilt werden.

Schon vor der Neufassung der Verordnung wurden Eignungsuntersuchungen in Auftrag gegeben. Beispiele hierfür sind die Grundsatzuntersuchung 25 (Fahr- und Steuertätigkeiten) und die G 41 (Arbeiten mit Absturzgefahr). Die Durchführung von Eignungsuntersuchungen muss im Anstellungsvertrag oder durch Betriebsvereinbarung geregelt sein. Der untersuchende Arzt kann auch eine Schweigepflichtentbindung unterschreiben lassen, nachdem er den Mitarbeiter genau über die entsprechenden Konsequenzen aufgeklärt hat. Alternativ wäre es auch möglich, die Vorsorgebescheinigungen (mit gesundheitlichen Einschränkungen), für den Arbeitgeber und die für den Mitarbeiter, beide dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Hierdurch behält der Mitarbeiter die Datenhoheit und kann selbst bestimmen, ob er die Bescheinigung bei seinem Vorgesetzten abgibt.

So sehr der Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB) die Neufassung der ArbMedVV begrüßt, da hierdurch das informelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers gestärkt und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Betriebsarzt verbessert werden soll, möchten wir doch auf Schwächen der Verordnung hinweisen.

Die Betriebsärzte, die arbeitsmedizinische Vorsorgen als Summe von Einzelleistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen, bekommen spätestens dann ein Problem, wenn ein Mitarbeiter Teile einer Vorsorge, wie zum Beispiel eine Blutentnahme oder ein Belastungs-EKG, nicht duldet und die Weitergabe dieser Information nicht zulässt. Aus der Rechnung des Betriebsarztes oder des Labors an den Betrieb und aus der Vorsorgebescheinigung darf der Umstand, dass Teile der Untersuchung verweigert wurden, ohne Einverständnis des Mitarbeiters nicht hervorgehen.


Über den BsAfB:
Der BsAfB ist der Berufsverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte. Als berufspolitische Vereinigung verfolgt der BsAfB das Ziel, die Position von selbstständigen Betriebsärztinnen und -ärzten in der betriebsärztlichen Versorgungslandschaft zu stärken. Im Fokus der Verbandsarbeit stehen daher die Probleme und Besonderheiten der betriebsmedizinischen Tätigkeit von niedergelassenen Ärzten, also freiberuflichen Arbeitsmedizinern, niedergelassenen Ärzten mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin oder zum Teil auch von kleineren regionalen arbeitsmedizinischen Zentren. Als Verband mit großer regionaler Präsenz versteht sich der BsAfB insbesondere als Partner von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Seit seiner Gründung verzeichnet der Verband einen stetigen Mitgliederzuwachs (derzeit ca. 500 aktive Mitglieder). Seit einer Satzungsänderung können auch angestellte Ärzte (außerordentliche) Mitglieder werden.
Mehr Informationen unter www.bsafb.de

Pressekontakt:                                           
Mail: presse@bsafb.de

 

 

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